Wann darf der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer überwachen lassen? Was hat es mit dem „berechtigten Interesse" auf sich? Wer zahlt die Detektivkosten? Fachanwalt Pascal Croset informiert:
Überwachung muss an Anhaltspunkte anknüpfen
Die Überwachung eines Arbeitnehmers durch einen Detektiv, um eventuelle Fakten und Tatsachen zu ermitteln, die zu einer Kündigung oder Strafverfolgung führen können, berührt immer die Privatsphäre des Arbeitnehmers. Dies ist nicht „einfach so“ möglich, zum Beispiel um ausforschen zu lassen, was der Arbeitnehmer in seiner Freizeit so macht. Hat der Arbeitgeber jedoch Erkenntnisse, die einen gewissen Verdacht oder eine gewisse Schwelle überschreiten, so kann eine Überwachung durch einen Detektiv gerechtfertigt sein. Juristen sprechen daher von einem „berechtigten Interesse“, was der Arbeitgeber für eine solche Überwachung haben muss.
Wahrung der Privatsphäre vs. Berechtigtes Interesse
Da es sich bei der Überwachung durch einen Detektiv praktisch um die Erhebung von Daten handelt, ist auch eine Beauftragung eines Detektivs und dessen Tätigkeit vom Datenschutzrecht überwölbt. Es ist grundsätzlich zulässig, dass Daten für die Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses oder dessen Beendigung erhoben und verarbeitet werden dürfen. In § 26 Abs. 1 Satz 2 BDSG wird für eine strafrechtliche Verfolgung klargestellt, dass bei einer möglichen Datenerhebung, u.a. auch durch einen Detektiv, „tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass die betroffene Person im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat“ vorliegen müssen. Damit ist das berechtigte Interesse im Falle des Arbeitgebers zumeist dann gegeben, wenn entweder gegen den Arbeitsvertrag und seine Pflichten verstoßen wird oder dann, wenn der Arbeitnehmer selbst strafbare Handlung zulasten des Arbeitgebers, wie etwa das Entwenden von Werkzeugen aus dem Betrieb betreibt oder Dritten dazu verhilft. Die Rechtsordnung billigt in diesem Fall die Erhebung von Daten, die aus den Gründen in § 26 Abs. 1 BDSG genannt sind und ein berechtigtes Interesse ist gegeben.
In einer Abwägung von Interessen muss also das Interesse des Arbeitgebers nach Aufklärung von Fehlverhalten oder strafbaren Handlungen höher sein, als das Interesse des Arbeitnehmers nach Wahrung seiner Privatsphäre.
Kein berechtigtes Interesse, keine Verwertung vor Gericht
Liegt nämlich kein berechtigtes Interesse vor, kann der Einsatz eines Detektivs auch unzulässig sein. Dies würde dazu führen, dass die gesammelten Daten und Fakten gar nicht vor Gericht gegen den Arbeitnehmer verwendet werden dürfen. Eine auf diese Fakten gestützte Kündigung würde im Falle einer vor dem Arbeitsgericht eingelegten Kündigungsschutzklage voraussichtlich keinen Bestand haben.
Was das Bundesarbeitsgericht dazu sagt: Auch unterhalb der Strafverfolgung ist die Überwachung durch einen Detektiv erlaubt!
Das Bundesarbeitsgericht hatte 2017 (Az. 2 AZR 597/16) über folgenden Fall zu entscheiden: Der Kläger arbeitete im Werkzeugbau in einem Stanzwerkzeug-Betrieb. Er war mehrmals arbeitsunfähig erkrankt. Die Söhne des Klägers gründeten eine Firma, die im selben Segment wie der Arbeitgeber tätig war. Einem Kunden des Arbeitgebers wurden von den Söhnen des Klägers angeboten, ebenfalls Stanzformen herzustellen. Dies konnte der Arbeitgeber in Erfahrung bringen und vermutete eine Konkurrenztätigkeit des Klägers. Eine Detektei brachte in Erfahrung, dass der erkrankte Kläger sich mehrmals auf dem Firmengelände der Söhne aufhielt. Eine außerordentliche Kündigung und der Kostenerstattungsanspruch wurden vom BAG in diesem Urteil bejaht.
Damit wurde erstmals höchstrichterlich anerkannt, dass auch unterhalb der Schwelle einer Straftat bzw. dessen Verfolgung der Arbeitgeber bei Pflichtverletzungen aus dem Arbeitsvertrag einen Detektiv Nachforschungen anstellen lassen kann.
Und wer muss es bezahlen? Kostenerstattung der Detektivkosten
Eng verbunden mit dem Aspekt der Verwertbarkeit vor Gericht ist auch der Kostenerstattungsanspruch der Maßnahmen eines Detektivs. Eine solche Überwachung kostet den Arbeitgeber Geld. Obsiegt er allerdings vor Gericht, sind solche Kosten grundsätzlich gem. § 91 ZPO erstattungsfähig von der Partei, die unterliegt. Lag aber kein berechtigtes Interesse an der Überwachung vor und konnten diese Daten nicht vor Gericht verwertet werden, entfällt auch der Erstattungsanspruch der Detektivkosten.
Was der Fachanwalt dazu rät:
Diebstahl, unerlaubten Wettbewerb, Krankfeiern – Sie müssen sich nicht alles gefallen lassen! Wenn Sie konkrete Anhaltspunkte für schwere Vertragsverletzungen haben, dann dürfen und sollten Sie handeln.
In der Praxis sollten Arbeitgeber Folgendes berücksichtigen:
- Nicht einfach sofort kündigen, nachdem Sie einen Verdacht haben! Häufig warnen Sie den Mitarbeiter dadurch nur und können selbst nichts beweisen. Ergründen Sie lieber zunächst genau den Basis-Sachverhalt. Immer wieder machen wir die Erfahrung, dass eine durch einen Detektiv angefertigte professionelle Fotodokumentation einen bleibenden Eindruck beim Arbeitsgericht hinterlässt.
- Sie glauben, der Fall sei „juristisch“ eindeutig? Zu fast jedem Verstoß gibt es rechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe, Ausnahmen und Ausreden. Wenn Sie die Erkenntnisse des Detektivs zunächst einem Fachanwalt für Arbeitsrecht zur Prüfung vorlegen, fahren Sie deutlich sicherer. Dieser kann entscheiden, ob der Detektiv lieber noch bestimmte Aspekte nachermitteln und beweistechnisch sichern soll. Ein weiterer Ermittlungstag kostet Geld, eine unwirksame Kündigung kostet schnell das zehnfache an Abfindung!
- Detektive sichern Fakten und Beweise. Fachanwälte für Arbeitsrecht bereiten diese gerichtsverwertbar auf. Richter bewerten die Fakten und fällen ein Urteil! Bestenfalls zu Ihren Gunsten.
- Gute Vorbereitung sichert Arbeitgebern Erfolge bei Gericht!
Pascal Croset ist Anwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Die Kanzlei Croset – Fachanwälte für Arbeitsrecht vertritt deutschlandweit Arbeitgeber in allen Fragen des Arbeitsrechts.